Liberale Anregungen für private Entwicklung, Trägerschaft und Finanzierung öffentlicher Infrastrukturen und Privatisierungen von Beteiligungen der öffentlichen Hand

(Beschluss des Landeshauptausschusses am 16. Mai 1998 in Leinfelden-Echterdingen)

I. Öffentliche Infrastrukturen

Öffentliche Infrastrukturen müssen nicht im bisherigen Umfang von der öffentlichen Hand geschaffen und unterhalten werden.

  1. Um den Investitionsstau, die Instandhaltungsrückstände und die Beschäftigungsmisere im Infrastrukturbau wirksam anzugehen, kurzfristig zu bremsen und mittelfristig zu beseitigen, sind klare politische Entscheidungen für privatwirtschaftlich engagierte Infrastrukturentwicklung, Privatisierung bisher staatlich wahrgenommener Infrastrukturen bzw. mehr und vorrangige Privatfinanzierung von entsprechenden Projekten einzufordern und rasch umzusetzen.
  2. Teile der bislang vom Staat und den Kommunen wahrgenommenen Infrastrukturaufgaben sind zu privatisieren sowie - außer der formellen Feststellung des grundsätzlichen Bedarfs und dem Setzen der politisch zu verantwortenden Rahmenbedingungen - von der Finanzierung über Projektentwicklung, Planung, Erstellung, Betrieb und Instandhaltung an private Aufgabenträger zu übergeben. Dazu können beispielsweise gehören die Verkehrswege Schiene und Straße, die kommunalen Ver- und Entsorgungseinrichtungen, die Kindergärten und vorschulischen Einrichtungen, die Schulen und Hochschulen, aber auch die öffentlichen Verwaltungshochbauten, wie Ministerialgebäude, Rathäuser und Vollzugsanstalten.
  3. Die Finanzierung dieser Aufgaben erfolgt zukünftig grundsätzlich über spezielle Nutzungsentgelte, z.B. Mautgebühren, Trassenpreise, Betreiberkonzessionen bzw. Pacht und Mieten; vor diesem Hintergrund sind dann die bisherigen Steuern neu zu bewerten.
  4. Die Privatisierung bisher staatlicher Aufgaben darf nicht zur Vorbelastung künftiger Haushaltsperioden, z.B. im Wege der Vorfinanzierung, führen, weil dies die Gestaltungsspielräume kommender Generationen unzulässig einengt.
  5. Die Mobilisierung privaten Kapitals zur rentierlichen Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen bedarf eindeutiger und nachhaltig kalkulierbarer Rahmenbedingungen, die rechtlich abzusichern sind.

II. Beteiligungen der öffentlichen Hand

Beteiligungen der öffentlichen Hand an Wirtschaftsunternehmen stellen grundsätzlich Fremdkörper in einer marktwirtschaftlichen Ordnung dar.

  1. Öffentliche Beteiligungen binden in erheblichem Umfang öffentliches Kapital und tragen zu Verzerrungen des Wettbewerbs zwischen den am Markt konkurrierenden Unternehmen bei.
  2. Bei einem Wirtschaftsunternehmen, an dem die öffentliche Hand beteiligt ist, muss im Sinne einer Umkehr der Beweislast dargelegt werden, warum auch weiterhin der damit verbundene staatliche Einfluss erforderlich ist. Gelingt dieser Nachweis nicht, ist die öffentliche Beteiligung im Rahmen einer verbindlichen Privatisierungs-konzeption innerhalb eines Zeitraumes von höchstens fünf Jahren auf Private zu übertragen.