Neuregelung der Telefonüberwachung in Bund und Land

(Beschlüsse des 85. Ordentlichen Landesparteitages am 5. Januar 1995 in Stuttgart)

Die Bundestagsfraktion und Landtagsfraktion der F.D.P. wird je nach Zuständigkeit (Bundes- oder Landesrecht) aufgefordert, zur Sicherstellung eines rechtsstaatlichen Verfahrens bei der Telefonüberwachung in Auswertung der Ergebnisse des Untersuchungsausschusses des Landtages "Telefonüberwachung in Baden-Württemberg" entsprechende Gesetzesvorlagen einzubringen, die sicherstellen, dass

  1. Ermittlungsrichter
  1. die Anordnung, Durchführung und Löschung von TÜ-Massnahmen in die Zuständigkeit eines Ermittlungsrichters gegeben wird, der auch für andere Eingriffe in Grundrechte im Rahmen von Ermittlungsverfahren wie z. B. Anordnung der Untersuchungshaft, Durchsuchung von Wohnungen, die Postbeschlagnahme u. a. zuständig sein soll;
  2. die Staatsanwaltschaft verpflichtet wird, den Ermittlungsrichter über Verlauf und Erfolg einer TÜ-Maßnahme 14-tägig zu unterrichten und nach Abschluss der Maßnahme einen Abschlußbericht zu fertigen;
  1. Rechtsschutz des Betroffenen
  2. dem Betroffenen von einer TÜ-Maßname nach seiner Benachrichtigung das Rechtsmittel der Beschwerde über die Rechtmäßigkeit einer TÜ-Maßnahme eingeräumt wird und dieser für den Fall einer rechtswidrig angeordneten TÜ-Maßnahme einen Schadensersatzanspruch erhält,

  3. Konkretisierung bei § 100 a StPO

§ 100a StPO in der Weise konkretisiert wird, dass

  1. die Dauer ein TÜ-Maßnahme für höchstens 30 Tage mit Verlängerungsmöglichkeiten angeordnet werden darf;
  2. Eilanordnungen der Staatsanwaltschaft maximal für 2 Tage Gültigkeit haben und der richterlichen Überprüfung nach Abschluss einer solchen Maßnahme unterliegen;
  3. Im Fall der richterlichen Feststellung einer unberechtigten TÜ-Eilmaßnahme die gewonnenen Erkenntnisse einem Verwertungsverbot unterliegen;
  4. TÜ-Maßnahmen mit Aufzeichnungen von Gesprächen mit Personen, denen ein berufsbedingtes Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, mit einem Verwertungsverbot schon im Ermittlungsverfahren zu belegen, mit der Folge, dass diese Erkenntnisse auch nicht für weitere Ermittlungsmaßnahmen herangezogen werden dürfen;
  5. TÜ-Maßnahmen an Geschäftsapparaten von Personen, denen ein berufsbedingtes Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, ganz untersagt werden, sofern sie nicht im Teilnahmeverdacht stehen; dies jedoch ausschließlich mit richterlicher Genehmigung; in Eilfällen das mitgeschnittene Telefongespräch erst nach Vorliegen der richterlichen Genehmigung abgehört werden darf;
  6. Erkenntnisse aus abgehörten Telefongesprächen nicht für andere Ermittlungsverfahren verwendet werden;
  7. einseitig einvernehmliche TÜ-Maßnahmen (consentual monitoring) von den Vorschriften der §§ 100a ff StPO ausgenommen werden, der Personenkreis dafür aber exakt bestimmt wird;
  1. Nutzung von TÜ-Erkenntnissen für polizeiliche Prävention
  2. auf eine gesetzliche Ermächtigung, die die generelle präventive Speicherung von Daten aus TÜ-Maßnahmen zur Gefahrenabwehr erlaubt, zu verzichten;

  3. Kontrollrecht des/der Datenschutzbeauftragten
  4. der/dem Datenschutzbeauftragten ein uneingeschränktes Prüfungsrecht darüber einzuräumen, ob und in welcher Weise Erkenntnisse aus TÜ-Maßnahmen bei den Ermittlungsbehörden verwendet werden;

  5. Bericht über TÜ-Maßnahmen an das Parlament

einmal jährlich dem Parlament einen Bericht über den Umfang, die Durchführung und den Erfolg von im Land Baden-Württemberg im Berichtszeitraum beantragten TÜ-Maßnahmen vorzulegen;